Oxly Boote

Boot & Fun Berlin 2014

Thomas Gade  am 29. November 2014 

Der Rundgang begann in einer Halle für Kanus und andere Paddelboote. Zum Ausprobieren war ein Becken aufgebaut. Darin befand sich ein grünes Ruderboot, in dem zwei Jungs saßen. Der Anbieter hielt das Boot fest und die Insassen durften rudern. So wurde das Boot getestet. Es folgten die Angelausrüstungen mit zahlreichen Ruten, verführerischen Ködern und Vorträgen zur richtigen Technik. Ein Zuschauer durfte eine Angelrute halten, deren Spitze der Vortragsredner herunter zog und dem Publikum etwas über ihre Aktion vermittelte. In anderen Zeiten und/oder ärmeren Ländern wurden mit Bambusstöcken vermutlich nicht weniger Fische gefangen; jedoch waren die Schnüre, Ángelrollen, Posen und viele bunte Zubehörteile durchaus attraktiv und erfüllten den Zweck, dass die Kunden anbissen und sie erwarben.





Ruderboottest im Wasserbecken

Dazwischen war die Bundeswehr mit einem Stand zur Personalrekrutierung vertreten. Er war mit einer aufgeblasenen Rettungsinsel dekoriert und hatte so einen optischen Bezug zur Bootsmesse.

Eine Halle weiter wurden zahlreiche Segelboote angeboten. Wir erfuhren, dass das klassische Segelboot für den jungen Nachwuchs, der Optimist; containerweise aus Fernost zu uns gelangte und hier komplett mit einem Drum und Dran für rund 2000 € verkauft wurde.



Segelboote. Optimisten aus Fernost

Daneben erklärte jemand sein modulares System für den Bau von Steganlagen. Eine Stellfläche weiter befanden sich schöne aus Holz gebaute Segelboote mit Kajüten. An einem waren die metallenen Beschlagteile durchgängig goldfarben. Am hölzernen Mast befand sich auf einem Drittel der Höhe eine kleine Lampe, die das Vorderschiff beleuchten konnte. Auf der Mastspitze befand sich das Topplicht. Die Kabel wurden durch den Mast vom Fuß bis zu den Austrittsöffnungen bei den Lampen geführt. Um das zu bewerkstelligen, wurde ein Zwirnfaden an ein kleines Schräubchen geklebt, die beim waagerecht gelegten Mast in die untere Öffnung hinein gesteckt wurde. Anschließend rüttelten zwei Männer so an dem Mast, dass das Schräubchen durch ihn hindurch wanderte. An den Austrittsöffnungen konnte der Zwirn mit einer Pinzette herausgezogen werden. Am Faden wurde das Kabel durch den Mast gezogen.

In der Refithalle standen viele alte Boote, einige sehr schön und solide aussehend restauriert, und andere in einem zwar glänzend lackierten Zustand, jedoch nicht wirklich mehr wie brauchbare Fahrzeuge erscheinend, sondern eher wie Dekostücke für große Räume, die ein maritimes Flair vermitteln sollen.



Alter Holzrumpf. Schrott oder restaurierbar? 12.000 €

Diese Oldtimer bildeten das Highlight der Messe. Sie waren dekorativ und die Vereine, die sie präsentierten, bezahlten nach Auskunft eines Bootsbauer keine Standmiete. Zwar hatten sie den Aufwand des An- und Abtransport sowie der personellen Besetzung ihrer Bereiche zu tragen, doch die Messeveranstalter wußten, was sie an den alten Booten hatten. Sie zogen Publikum an und wurden in der medialen Berichterstattung gerne gezeigt. Die Besucher durften die Oldtimer anfassen und genau in Augenschein nehmen. Natürlich hatten die Aussteller ein Interesse daran, restaurierte Boote zu veräußern. Auf einer restaurierten hölzernen Motoryacht im bienenhonigfarbenen Hochglanz mit verchromten Beschlagteilen wurden 185.000 € ohne Mehrwertsteuer im Rahmen einer Privatveräußerung veranschlagt. Am Rumpf befand sich auf einem Schriftzug der Name einer bekannten Werkstatt zur Restaurierung von alten Booten.

Der Metallkörper eines alten großen Backdeckers war zum großen Teil glatt geschliffen. Innen war statt des ursprünglichen Verbrennungsmotors ein großer Elektromotor von Torqeedo, ein Deep Blue, eingebaut. Links und rechts befanden sich zwei längliche Kästen aus groben Spanplatten, die wohl den Rohbau zur Unterbringung der Akkus darstellten. Noch sah das ganze mehr wie eine Studie aus, doch interessant war es allemale. Innovative Technik in einer alten klassischen Motoryacht.



Torqeedo Deep Blue Elektromotor

Zwei Jungs auf Hamburg zeigten, wie Folie auf ein Boot aufgetragen wurde, um einer verwitterten Oberfläche neuen Glanz zu verleihen. Das Ergebnis sah gut aus. Um sie herum werkelten diverse Besucher und Aussteller an Booten. Hier wurden handwerkliche Kenntnisse vermittelt.



Folieren eines Bootes

Ein Raum war Oldtimern der Straße gewidmet. Hier standen diverse VW Käfer, VW Busse, NSU Mopeds und weitere alte Straßenfahrzeuge aus aller Welt.



Oldtimer der Straße. Altes Auto

Wir erreichten den Stand des Wirtschaftsverbands Wassersport Berlin e.V. (WVW). Dort lag der Revier Almanach für 2015 aus, ein Nachschlagewerk u.a. über Akteure am Wasser und Schleusenbetriebszeiten mit einer Wasserkarte. Im Areal saßen gewerbliche Messebesucher beisammen, um sich kennen zu lernen, Kontakte zu pflegen und Geschäfte abzuschließen. Es gab Bier und in der Ecke, die sich die Bootsversicherung EIS vorbehalten hatte, wurden ununterbrochen Pizzen zubereitet. Dank einer kurzen Unterhaltung mit Boris Quiotek, dem hiesigen ‘Chef’ von EIS, kamen wir unerwartet in den Genuss einer leckeren Pizza, die nach unseren Vorgaben belegt wurde.

So gestärkt begutachteten wir ein Motorboot, das ursprünglich aus Holz gebaut wurde. Der Aussteller hatte es mit einer dünnen Lage Sandstein beschichtet. Das funktionierte folgendermaßen: An einem Sandstein wurde ein glatter Schnitt über eine größere Fläche vorgenommen, diese mit Kunstharz bestrichen und darauf ein Baumwollgewebe gelegt. Nach dem Durchhärten des Kunstharzes konnte das Sandwich aus Gewebe, Kunstharz und daran haftenden Sandstein abgezogen werden. Dieses Material wurde auf verschiedenste Untergründe geklebt, zum Beispiel auf gemauerte Kamine, aber auch auf Motorboote, die dadurch eine raue, steinerne Oberfläche bekamen. Laut Anbieter sollte sie stabil und den Belastungen der Bootsfahrerei gewachsen sein. Wer wissen wollte, wie das Beschichteten funktionierte, konnte dies in der Refithalle beobachten. Dort wurde das Material auf ein Kanu aufgetragen. Der ungewöhnliche Look machte Boote optisch interessant. Ob die raue Oberfläche im praktischen Bootsalltag gut ankam, war in den Messehallen nicht zu klären. Gewichtsmäßig hielt sich die Belastung in Grenzen. Das Material wog 3 kg pro Quadratmeter.



Boot mit Steinschicht

Auf den ausgestellten Hausbooten, beispielsweise von Nautilus, wurde den interessierten Besuchern Sekt gereicht. Diesmal hatten mehrere Anbieter ihre Hausboote nebeneinandergestellt. Wer auf den Binnengewässern Berlins, Brandenburgs und Mecklenburg-Vorpommern mit einem bequemen, platzmäßig großzügigen und einigermaßen preisgünstigen Fahrzeug auf dem Wasser Zeit verbringen mochte, konnte hier interessante Anregungen bekommen. Ein luxuriöses Hausboot mit Vollausstattung kostete ca. 100.000 €, während eine schlichter gehaltene Variante mit 40.000 € zu Buche schlug und rustikale Versionen im Bretterhüttenstil waren für die Hälfte erhältlich. Ein Hausboot bestand grundsätzlich aus vier wesentlichen Elementen. Erstens den Auftriebskörpern, zweitens der Plattform, drittens der Hütte und viertens der Antriebs-und Steuertechnik.



Hausboot

Zwei ordentliche Auftriebskörper zum Tragen einer Plattform gab es bereits für 2000 €. Der passenden Rahmen mit einem Belag aus Holzbrettern war für ungefähr 2000 € realisierbar. Damit hatte man einen schwimmenden Ponton mit zwei länglichen Auftriebskörpern, wie Katamaranrümpfe. Als Hütte kam ein Bretterschuppen für ein paar 100 € aus dem Baumarkt infrage. Je nach Anspruch war so eine Konstruktion mit 5000-15.000 € mit ordentlicher Antriebs-und Steuertechnik auszustatten. Handwerklich geschickte Leute, die lediglich die Auftriebskörper und den Metallrahmen aus dem Hausboothandel kauften, konnten mit einem überschaubaren finanziellen und zeitlichen Aufwand ein eigenes, individuell gestaltetes Hausboot erstellen.

Vor diesem Hintergrund erschien uns der Preis eines offenen 6 m langen Motorbootes aus Holland im Stile einer modernen Sloep von knapp 50.000 € sehr hoch. Wer kaufte solche Boote, die zu mehrstündigen geselligen Ausflugsfahrten bei schönem Wetter taugten, jedoch nur eingeschränkt zum Wasserwandern wegen ihrer fehlenden Kajüte? Ähnliche Boote gab der Gebrauchtmarkt im guten Zustand für einen Bruchteil der Kosten her. Aber das kannten wir von Armbanduhren. Eine digitale Swatch der gehobenen Art für 100 € leistete nicht weniger als ein teurer ‘Chronograph’ von Glashütte.

Zum Schluss sammelte ich ein Exemplar des empfehlenswerten Magazins Seenland ein. Die Ausgabe 2014 (16. Jahrgang) widmete sich Brandenburg, war voller interessanter Tipps, detaillierter Karten und ansprechend aufgemacht.

Viele Fotos:  Boot & Fun Berlin 2014 Bootsmesse