Spandau Tiefwerder
Auf den Kanälen von Klein Venedig
2011 / 2013 © Thomas GadeTiefwerder ist der Name eines Ortsteils von Spandau. Dieser Bezirk Berlins ist vielen alteingesessenen Bürgern dieser Stadt völlig fremd. Vielleicht hat man sich mal zur Spandauer Zitadelle verirrt oder den Weihnachtsmarkt in der Altstadt besucht. Ansonsten könnte Spandau für viele Bürger der Hauptstadt, die hinter dem westlichen Teil der Stadtautobahn wohnen, also den allermeisten, genausogut auf der Rückseite des Mondes sein.
Freizeitkapitäne, die mit ihren Booten auf der Havel unterwegs sind, haben ein anderes Bild von ihrer Stadt als diejenigen, die sich nur per Pedes oder in einem Straßenfahrzeug in Berlin bewegen. Fast 13 km lang zieht sich der Fluss Havel durch Spandau von seinen Ortsteilen Hakenfelde im Norden bis Kladow im Süden.
Boote in Tiefwerder
Mittendrin liegt Tiefwerder von Gräben durchzogen und vom Wasser umgeben. An seiner Westseite verläuft die Havel. Nördlich befindet sich der Südhafen der BEHALA mit einem Flussabzweig, in dem sich zahlreiche Bootsliegeplätze befinden. Den Dornröschenschlaf dieses Gebietes kann man daran erkennen, dass Google Maps einen wichtigen Teil des Gewässers am Südhafen farbig als Land darstellt. Von diesem Seitenarm gelangt man in den 'Kleiner Jürgengraben'. Man muss mit dem Boot unter eine Brücke hindurch fahren. Aufgrund der variablen Wasserstände, ist keine Durchfahrtshöhe anzugeben, doch höher als 2 Meter darf das Boot keinesfalls aus dem Wasser ragen, vermutlich sogar etwas weniger.
Wer als Berliner den Spreewald sucht, kann sich die Fahrt dorthin ersparen. Ein großer Teil Tiefwerders wird 'Klein Venedig' genannt. Eine Fahrt auf den Kanälen von 'Klein Venedig' ähnelt den Kahnpartien auf den Fließen, nur verkauft hier niemand Spreewaldgurken oder posiert in sorbischen Trachten.
Die Kanäle sind
schmal. An den Ufern sind Laubenkolonien und überall
liegen Boote. Einige davon in Abmessungen, welche
die Frage aufwerfen, ob sie an Ort und Stelle
erbaut wurden, denn es scheint kaum möglich zu
sein, mit ihnen hierher zu fahren. Die Fahrt durch
die engen Kanäle sollte nur unter der Woche bei
nicht allzu gutem Wetter stattfinden. Die Wasserwege
sind so schmal, dass ein Ausweichen bei entgegenkommenden
Booten schwierig ist. Wir fuhren mit unserem 2,40
x 6,40 Meter messenden Verdränger ganz langsam
durch Klein Venedig. Das ging gerade so ohne Ufer-
und Grundberührung knapp an den liegenden Booten
vorbei. Ein schmales Paddelboot wäre hier das
bessere Fahrzeug.
Die märchenhafte Umgebung scheint der richtige
Ort zu sein, um unauffindbar abzutauchen, wenn
das mal nötig sein sollte. Getarnt als Angler
auf einem Kahn unter einem Baum, ohne Handy, eingefügt
in die örtliche Stille, bricht der Kontakt zur
urbanen Außenwelt ab. Hier wird man nicht gesucht.
In der hinterwäldlerisch anmutenden Abgeschiedenheit
gibt es Bauwerke, deren Existenz den zuständigen
Genehmigungsbehörden verborgen geblieben sein
muss. Sie zeugen von schmalen Geldbeuteln, Kreativität
und Experimentierfreudigkeit, denen jeder Amtsschimmel
abträglich wäre.
Weitere Fotos:
Klein Venedig
Wir haben die Fahrt gefilmt: