Im vergangenen Jahr (2012) wurde eine wesentliche Lockerung der Vorschriften für den Sportbootführerschein-Binnen beschlossen. Er ist erst nötig für “Sportboote von mehr als 11,03 kW (15 PS) Nutzleistung, auf dem Rhein von mehr als 3,68 kW (5 PS) Nutzleistung, und weniger als 15 m Länge.” Abgesehen vom Rhein ist die Grenze der führerscheinfreien Motorisierung bis 5 PS auf 15 PS im bisherigen Geltungsbereich gestiegen. (Quelle: elwis.de)
Die betreffenden Sportboote haben eine Länge von weniger als 15 m (ohne Ruder und Bugspriet). Die Spannbreite erstreckt sich vom leichten Schlauchboot mit einer Länge von knapp 2 m oder einem schweren Boot, dessen Rumpf fast 15 m lang ist. Mit Ruder und Bugspriet geht noch mehr.
Große Pötte werden kaum mit 15 PS Motoren gefahren. Ihre Leistung würde allenfalls für einen Hilfsmotor beim Ausfall der Hauptmaschine als ausreichend betrachtet werden. An kleinen und leichten Booten sieht die Sache ganz anders aus. Der Unterschied zwischen fünf PS und 15 PS ist beträchtlich. Unter günstigen Umständen können solche Boote mit 15 PS zum Gleiten gebracht werden. Einem schlaksigen Sechzehnjährigen in einem kompakten Schlauchboot dürfte dies gelingen. Das Fehlen einer Geschwindigkeitsbegrenzung zum führerscheinfreien Führens eines motorbetriebenen Sportbootes wird in diesem Zusammenhang als größte Gefahr für die Binnenschifffahrt betrachtet. Wer sich auf dem Wasser auskennt, kann die Sorgen nachvollziehen. Im Straßenverkehr gibt es differenziertere Regelungen. Denken wir mal an das Mofa, dessen offizielle Höchstgeschwindigkeit in Deutschland bei 25 km/h liegt. Eine Begrenzung der führerscheinfreien Höchstgeschwindigkeit für motorangetriebene Fahrzeuge auf dem Wasser ist mit Hinblick auf kleine, leichte Boote, die mithilfe von modernen, leistungsstarken Motoren angetrieben werden, sinnvoll.
Die Lockerung der Führerscheinregeln dürfte zur Unterstützung des Wassertourismus vorgenommen sein. Im Prinzip bedeutet sie, dass jeder mit oder ohne Sportboot-Führerschein ein Boot mit einer Motorisierung bis 15 PS fahren darf. Das Verleihen von Booten innerhalb dieser Grenze wird dadurch vereinfacht. Auf den Gewässern in Berlin und Brandenburg sind führerscheinfreie, motorisierte Flöße von verschiedenen Anbietern zum alltäglichen Bild geworden. Die Fahrzeuge werden für ein- oder mehrtägige Unternehmungen gechartert. Wer genauer hinschaut, wird nicht selten Alkoholflaschen an Bord entdecken. Die Anlässe zum Chartern sind häufig Geburtstage, Jubiläen, Partys etc. Die Vorschriften der Binnenschifffahrt sind zahlreichen Charter-Bootsfahrern unbekannt. Sie kennen weder die Ausweichregeln, noch wissen sie die Verkehrszeichen und sonstige, die Schifffahrt betreffenden Tafeln zu deuten.
Ein Mietfloß auf der Havel in Potsdam. Der Rudergänger ist ein Knirps auf einer hochkant stehenden Bierkiste. Die vorgeschriebenen Anforderungen (mindestens 16 Jahre alt und körperlich, geistig und fachlich geeignet) für Rudergänger eines Sportbootes mit Antriebsmaschine auf den Binnenschifffahrtsstraßen erfüllt er nicht. Das Floß hat folgende Maße: Länge 7,25 m, Breite 3 m, Höhe 3 m.
Ein Motorboot im nordischen Stil, ein sogenannter Spitzgatt, mit Kajüte und Kochgelegenheit ist bereits ab etwas über 6 m Länge für zwei Personen zu haben. Diese Boote des Typs Verdränger benötigen keine starken Motoren und nicht selten sind sie bis 8 m Länge mit eingebauten Antrieben mit einer maximalen Leistung von 15 PS ausgestattet. Im Gegensatz zu wendigen Booten mit Außenbordern und Z-Antrieben haben diese traditionellen Boote eine starre Welle, die beim Manöver auf engem Raum nur mit Erfahrung und dem nötigen Geschick sicher gesteuert werden können. Auch wenn diese Fähigkeiten im Rahmen des Erwerbs eines Sportbootführerscheins praktisch kaum vermittelt werden, bekommt man in der Theorie zumindest mit, dass die starre Welle heikel ist. Vom Radeffekt ist die Rede und der Tatsache, dass solche Boote im Rückwärtsgang nur sehr eingeschränkt zu lenken sind. Die Vorstellung, dass jedermann so ein Boot ohne Befähigungsnachweis steuern darf, ist abenteuerlich.
Was blüht demjenigen, der ohne Sportbootführerschein ein leichtes Boot mit 15 PS mit hoher Geschwindigkeit fährt und zusätzlich Alkohol intus hat? Handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit? Es gibt keinen Sportbootführerschein zur polizeilichen Beschlagnahmung und die Vorstellung, dass in solchen Fällen ein Kfz-Führerschein riskiert wird, entspricht nicht den realen Tatsachen. Diejenigen mit einem Sportbootführerschein setzen im gleichen Fall den Verlust ihrer kostbaren Lizenz aufs Spiel.
Es gibt geschützte Uferbereiche, beispielsweise um Badestellen, die mit farbigen Tonnen markiert sind. Wer mit dem Ruderboot unterwegs ist und solche Kennzeichnungen missachtet, wird deswegen nicht zu einem hohem Risikofaktor, wohl aber diejenigen, die mit einem relativ hoch motorisierten leichten Boot ohne Kenntnis der Bedeutung der Schifffahrtzeichen unterwegs sind.
Den neuen Vorschriften werden erstmalig in diesem Jahr zum Tragen kommen. Es wird eine Weile dauern, bis sie sich herumgesprochen haben. Die Bootshändler werden ihre Angebote auf die neuen Möglichkeiten einstellen. Auf dem Gebrauchtmarkt werden die Preise für kleine Außenborder fallen. Viele Angler ohne Sportbootführerschein werden die neue Vorschrift nutzen, um ihre Angelkähne stärker zu motorisieren. Diese Sportbootnutzer fahren von ihrem Steg zur Ankerstelle, bleiben dort liegen und angeln. Sie kennen die Gewässer und werden vermutlich im Rahmen der neuen Vorschrift kaum Grund zur Sorge bereiten.
Der Besitz eines Sportbootführerscheins bedeutet nicht zwangsläufig, dass man die Vorschriften und Regeln kennt. Zumindest weiss sein Inhaber, dass es sie gibt und kann sich an Verschiedenes erinnern. Auf zahlreichen Booten sind Nachschlagewerke vorhanden. Viele Bootseigner montieren sich Tafeln neben ihre Steuerräder, auf denen die Bedeutung der Schallzeichen steht. Eine gedruckte Übersicht über die regionalen Verkehrszeichen liegt griffbereit daneben. Um solche Erinnerungshilfen effizient nutzen zu können, muss man sich irgendwann intensiv mit dem Thema beschäftigt haben und die grundsätzlichen Dinge kennen. Manchmal geben Schiffe mit Schallzeichen an, dass sie nach Backbord oder Steuerbord drehen oder rückwärts fahren. Es ist wichtig zu wissen, dass es diese Form der Mitteilung gibt. Ein rascher Blick auf die Schallzeichentafel frischt die Erinnerung auf.
Warten wir mal ab, was sich aus der Lockerung der Vorschriften ergibt. Eine belastbare Analyse wird vermutlich erst am Ende der übernächsten Wassersportsaison zu erstellen sein. Bis dahin wird die Praxis zeigen, ob ein Nachbesserungsbedarf existiert.
Bei der Geschichte geht es vor allem um Geld. Die Wassersportschulen fürchten um ihre Einnahmen. Daher jammern sie nun. Die Prüfungen und Ausstellungen der Sportbootführerscheine kosten Geld, bringen also denjenigen, die sie vermitteln, welches. Die Theorie ist völlig überfrachtet. Darunter leidet das Chartergeschäft. Es wäre besser, wenn man das gesamte Prüfungsverfahren erheblich vereinfacht und den Erwerber eines Sportbootführerscheins vom mühseligen Lernens irgendwelcher überflüssigen Dinge befreit. Es ist doch kompletter Firlefanz, wenn für ein Sportboot Führerschein-Binnen mehrere Seemannsknoten abgefragt werden oder die unterschiedlichen Antriebsarten von Motorbooten benannt werden müssen. Jens
Naja,
viel Gelaber um nichts. Die Führerscheinausbildung hilft, wie auch oben beschrieben nicht beim Manövrieren.
Mir sind jahrzehntelange “Schwarzfahrer” lieber als Scheinbesitzer, die aller Jubeljahre mal ein zu großes Boot chartern(und bei Ausfall des Bugstrahlruders mitten aufm See in Panik geraten).
Der Kapitän = Schiffsführer muss nicht der Steuermann sein, es dürften also auch Säuglinge lenken(wenn sie körperlich+geistig geeignet wären), der Schiffsführer trägt die Verantwortung.
Also Gelassenheit, auf der Straße dürfen auch Radfahrer rumfahren – die ballern auch nicht täglich über Spielplätze…
Gruß
Als alte Bootsfahrer betrachten mein Mann und ich diese Entwicklung skeptisch. 15 PS sind, wie im Artikel beschrieben, am kleinen Boot eine Menge Power. Solche Außenborder sind kofferraumtauglich und erheblich reizvoller als zahme 5 PS Motoren. Wenn dafür kein Zwang zum Sportbootführerschein notwendig ist, werden sicherlich zahlreiche Sportsfreunde mit geringem Binnenschifffahrtswissen auf die Gewässer drängen. In der Liga sollte eine fachliche Basis vorhanden sein.
@der Traurige: Säuglinge dürften nicht lenken. Der Rudergänger muss gemäß Vorschrift 16 oder älter sein. Der kleine Bursche auf dem Floß-Foto ist noch keine zehn Jahre alt. Um an den Gashebel zu kommen, muss der richtig abtauchen.
Immer diese Unken,
der Knirps hat neben sich nen großen stehen, und wenn man weiß, welche “Geschwindigkeiten”
so ein Floß erreicht, dann weiß man auch, das der große bei einer “gefährlichen Situation” ….
Zwischen 1 und 5 Minuten hat, um diese aufzulösen. Wer die Havel kennt, weiß, daß man innerhalb einer Minute ans Ufer kommt – auch bei kriechfahrt.
Ich hab mir letztes Jahr(2015) ein 6,30 Meter Boot zugelegt mit 10 PS. Wer auch nur ein bisschen Talent hat zum Maschinenführen, kommt mit nem 15 PSer sehr schnell klar – wer keins hat, dem hilft auch kein BFS.
Ich will keinen BFS machen, weil ich am Namen merken für diese verflixten Knoten wahrscheinlich wochenlang büffeln müßte (Namensgedächtnis is nich so bei mir)
Während aber Ablegen, Fahren/ manövrieren, Anlegen und festmachen (auch alleine) null Probleme bereitet. Die wichtigen Kennzeichen (einschließlich Tonnen etc.) hat man nach ca. 1-2 Wochen
gelernt – solange hilft da ein ein Merkzettel. Beleuchtungsregeln sind auch nicht gerade der Hammer was man da Kapieren muß.
Die Entenpolizei ist bei uns schon Froh, wenn nachts überhaupt eine Beleuchtun an Bord ist, so das man gesehen werden kann und je nach Stimmung mal mehr mal weniger Kulant.
Bei uns in Berlin gilt größtenteils (Die Politik versucht es zu beschränken!) DAS WASSER IST FÜR ALLE DA. Und so sollte es auch sein … ein paar Regeln zwecks Gefahren bzw. Unfallvermeidung OK.
Aber bitteschön alles etwas gechillter und nicht wieder nach deutscher Rechtsauffassung hier ein Schein – da ein Verbot – dort ein unerwünscht etc.
Ich persönlich finde es schon Hammer, wenn einer daherkommt und meint ein Teil eines Flusses/Meeres würde Ihm/Ihr gehören – Frechheit. Aber ich schweife ab. Quintessenz sollte sein:
Gönn dem anderen doch sein/Ihr Leben und poche nicht auf ein: Aber ich hab doch … aber ich mußte doch … und wieso darf der/die jetzt Ohne? Neid bringt niemanden weiter und zu streng gehandhabte Regeln vermiesen nicht nur vielen Leuten die Laune, sondern sorgen auch für unnötigen Unmut.
Liebe Grüße und ein freundliches Schiff Ahoi
KK