Nacht auf dem Boot

31° C. Meine Wohnung in Berlin war so aufgeheizt, dass eine alternative Übernachtungsmöglichkeit angebracht war. Ich fuhr zum Boot, das eine kleine Kabine hatte, in der ein Nachtlager eingerichtet werden konnte. Sogar auf dem Tegeler See war es heiß. Der letzte Tag des dreitägigen Hafenfestes an der Greenwichpromenade war angebrochen. Wie am Vortag wurde der See durch Ansagen und Livemusik beschallt, die in den entferntesten Ecken zu hören war. Ein Blick durch das Fernglas zeigte, dass nur wenige Menschen auf den Stufen am Wasser bei der Bühne ausharrten. Lieber gingen sie baden.

Ich fuhr auf dem See herum auf der Suche nach der besten Übernachtungsstelle. Schließlich warf ich den Anker zwischen Tegelort und Scharfenberg unweit des Inselufers. Vom Hafenfest war hier kaum noch etwas zu hören. Hier kamen alle Ausflugsdampfer vorbei, die in Tegel beheimatet waren. Der Moby Dick, die Havel Queen, die Feen Grotte, die Havelstern und ein paar andere. Gerade hatte ich es mir bequem gemacht, da fuhren sie wie auf einer Parade vorbei, umschwärmt von kleinen und großen Sportbooten. Gegen 20 Uhr beruhigte sich die Lage. Die ganz kleinen, meist vollbesetzten Motorboote, verschwanden und erstaunlicherweise waren nun vor allem Segelboote zu sehen. Die Wasseroberfläche war glatt, das Boot lag ruhig im Wasser. Woher hatten die Wind? Hier war nichts davon zu spüren und die Blätter der Bäume raschelten kein bisschen. Und doch kreuzten die Boote mit geblähten Segeln und erstaunlicher Schräglage. Es war zu heiß, um darüber nachzudenken. Die Sonne ging unter, die Dämmerung brach an. Mein neues Ankerlicht, eine moderne Campingleuchte mit Leuchtdiode und angeblich 40 Stunden Leuchtdauer mit drei kleinen Batterien, für ein paar Euro aus China zu haben, wurde auf die obere Ablage des Steuerstands gestellt. Die Mückenzeit brach an. Es kamen nicht viele und diejenigen, die es an Bord verschlug, wurden von der Lampe angezogen, die neben ein Spinnennetz aufgestellt war. Ich ließ beim Wischen immer eines am Fenster und das fing sie alle ein.

Ankerlicht und Mücken
Ankerlicht und Mücken im Spinnennetz

Auf meinem Laptop lief ein Film. Es wurde dunkel. Manchmal guckte ich aufs Wasser und auf einmal sah ich ein kreuzendes Segelboot ohne Lichter. Es war kaum erkennbar. Eigentlich ist ab 22 Uhr das Bootsfahren auf dem Tegeler See untersagt, doch nach Hause darf man zu jeder Zeit. Der Nachtsegler fuhr unbeirrt weiter. Er wendete und hielt Kurs auf mein Boot, das durch seine Beleuchtung hoffentlich nicht zu übersehen war. Sicherheitshalber kramte ich eine Vuvuzela hervor und blies ein paarmal hinein, um alle Zweifel an meiner Existenz und Position zu beseitigen. Geräuschlos änderte das Segelboot seinen Kurs und fuhr weiter.

Patrouille bei Nacht
Patrouille bei Nacht

Manchmal platschte es wenn Fische sprangen. Im Dunkeln, soweit davon während des Sommers unter dem Lichtdom einer Stadt zu reden ist, kamen zwei Schwäne vorbei und prüften, ob bei mir noch ein Nachtmahl abzuholen war. Im flachen Wasser beim Ufer schritt ein Fischreiher auf der Suche nach Beute vorsichtig voran. Nur die hellsten Sterne waren auf einem dunkelbräunlichen Himmel zu sehen. Der Glanz der Milchstraße blieb unsichtbar.

Fischreiher. Jäger bei Nacht
Fischreiher. Jäger bei Nacht

Ab Mitternacht wurde es wurde kühler. Ein angenehmer Durchzug schaffte ein Klima, das um Welten besser war als zuhause. Die relative harte Liegefläche verlangte einiges ab und die akrobatischen Verrenkungen beim nächtlichen Herauskrabbeln, machten deutlich, dass Vorzüge ihren Preis hatten.

Sehr schön wurde der Tagesanfang am Montag. Es blieb ruhig. Die Anzahl der Sportboote hatte sich drastisch verringert. Nach einem erfrischenden Bad begleitete das Meckern von Ziegen auf der Insel Scharfenberg meinen Kaffee. Vermutlich wurden sie gefüttert, daher die Aufregung.

Ein Gedanke zu „Nacht auf dem Boot

  1. Das Nachtfahrverbot auf dem Tegeler See gilt übrigens nur für Motorboote. Segeln darf man immer. Nach Hause darf man zu jeder Zeit ist auch nicht ganz richtig. Motorboote dürfen ihren Liegeplatz im Bereich des Tegeler Sees zu jeder Zeit anlaufen, wenn sie von der Havel aus (Bundeswasserstraße) kommen.

    Und bitte mal drüber nachdenken, ob eine Billig-Campingleuchte aus China (ungetestet) in Kombination mit einer Vuvuzela die richtige Ausrüstung für ein nachts ankerndes Boot ist! 🙂

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