Übernachten auf dem Boot verboten? Der Spandauer Yacht-Club erhielt auf einen Antrag auf eine Stegerweiterung eine alarmierende Antwort, die auf eine ungute Entwicklung im Wassersport hindeutet. In der Antwort des Bezirksamtes Spandau werden auszugsweise folgende Bedingungen, Auflagen und Begründungen genannt:
- Das Übernachten und auch das nur vorübergehende Wohnen auf den Booten, solange diese in der Anlage liegen, ist nicht zulässig.
- Die Anlage darf nur vom 01. März bis zum 30. November eines Jahres mit Booten belegt sein. ln der Zeit vom 01. Dezember bis zum 28/29. Februar dürfen keine Boote in der Anlage liegen/dort festgemacht sein.
- Strom-, Wasser- und Abwasserleitungen dürfen nicht auf der Steganlage installiert werden, noch Boote auf andere Art und Weise mit Strom versorgt werden (z.B. Stromleitungen im Wasser, Betrieb von Stromerzeugern auf der Steganlage oder auf den Booten, wenn diese innerhalb der Steganlage liegen.
- …
Allgemeine Auflagen:
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- Eine Beleuchtung der Anlage ist unzulässig. Auch eine indirekte Beleuchtung z.B. über die Boote ist ebenfalls unzulässig.
Besondere Auflagen:
– Es dürfen keine Autoreifen als Fender verwendet werden.
– Die Boote dürfen nicht über die Heckpfähle hinaus ragen.
…
– In der Anlage dürfen (auch nur vorübergehend) nur Sportboote liegen.
– Die maximale Höhe von 3m (Wasserspiegel -> Oberkante Aufbauten) darf nicht überschritten werden. Hiervon sind Segelmasten/Antennen/Radar etc. ausgenommen.
– Der Betrieb von jeglichen Eisfreihalteanlagen innerhalb der Steganlage ist unzulässig. Es umfaßt auch die Eisfreihalteanlagen, die direkt am/im Sportboot installiert sind.
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(Begründung)
Die sich gegenwärtig verstärkende Nutzung der Liegeplätze mit s.g. Hausbooten veranlasst mich, grundsätzlich über Auflagen und Bedingungen vor der Erteilung einer neuen wasserbehördlichen Genehmigung zu befinden. Hierzu folgendes Zitat des Verwaltungsgerichts Berlin (VG 1 OK 336.15 vom 28.06.2016:
“Es ist nach Auffassung der Kammer bei der derzeitigen Rechtslage nicht möglich, eine wesentliche Unterscheidung zwischen Hausbooten und sonstigen Motorbooten vorzunehmen, demzufolge nur letztere der Ausübung des Wassersports dienen sollen. … Die Problematik einer Infrastruktur mit Strom, Wasser, Abwasserentsorgung und Toiletten stellt sich für Hausboote und andere Sportboote mit größerer Kajüte gleichermaßen. Die bisherige Genehmigung der Bootsteganlage enthält kein ausdrückliches Verbot des Wohnens und Obernachtens auf den Booten, solange diese am Bootssteg liegen. Ein solches Verbot für sämtliche Boote wäre aber als Auflage denkbar, da ein Sportbootsteg – ähnlich einem Parkplatz dem Anlegen der Boote dient und nicht als Campingplatz auf dem Wasser genehmigt worden ist.”
Eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit ist generell bei “zweckentfremdeten” Sportbootstegen zu erwarten. Daher werde ich auch unter Bezug des o.g. Urteils den Begriff des Sportbootsteges eng auslegen. Ein Sportbootsteg dient nur:
– dem gefahrlosen Ein- und Ausstieg in ein Sportboot
– und der ordnungsgemäßen Befestigung und Liegens eines Sportbootes.
Das heißt, dass ich keine Infrastruktur wie Wasser, Abwasser, Strom, Beleuchtung und Eisfreihalteanlagen genehmigen werde.
Eine weitere Einschränkung ist die Liegedauer von Sportbooten in der Anlage, die ich vom 01 . März bis zum 30. November eines Jahres begrenze. Hierdurch soll der Trend, dass große/übergroße Boote dauerhaft im Wasser bleiben unterbunden werden. Aus Artenschutzgründen ist eine Beleuchtung der Anlage unzulässig.
Unsere Anfrage dazu an das Bezirksamt Spandau:
Bezirksamt Spandau von Berlin
Herrn Holger Pipper
Cari-Schurz-Strasse 2/6
13597 Berlin
Aktenzeichen 6795/07-042-Sch-20 Berlin, 1. 12. 2016
Sehr geehrter Herr Pipper,
… Als Berliner Bootsbesitzer … bin ich zutiefst betroffen von Ihrer Entscheidung und der Begründung.
In den vergangenen Jahren wurden in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern enorme Anstrengungen unternommen, um das Bootfahren attraktiv zu gestalten. Berlin hat eine bedeutende Bootsmesse und der Wassertourismus ist mittlerweile ein bedeutender Faktor in der regionalen Tourismuswirtschaft geworden. Vielleicht ist Ihnen entgangen, dass ein System der sogenannten Gelben Welle existiert, womit Marinas kund tun, dass Gastlieger willkommen sind. Sie können für einen oder mehrere Tage an einer Steganlage anlegen. Dieses fördert den Wassertourismus. Sollte Ihre Entscheidung feststehen und auf andere Marinas dieser Stadt übertragen werden, bedeutete sie das Ende eines wichtigen Wirtschaftszweiges und einer Möglichkeit der Erholung für Wasserfreunde. Wem ist damit gedient?
In keinster Weise nachvollziehbar ist Ihre Entscheidung, dass an Steganlagen keine Stromanschlüsse existieren und auch die Boote selber kein Strom erzeugen dürfen. Seit vielen Jahren sind Stromanschlüsse an Stegen Standard. Ohne sie wäre u.a. das notwendige Laden von Batterien zum Starten von Motoren oft gar nicht gewährleistet. Würde man den Strom an Stegen abschaffen, hätte dies beträchtliche Sicherheitseinbußen zur Folge. Dass alternativ Solarpaneele mittlerweile auf vielen Booten zu finden sind zum Fithalten der Bordbatterie, ist die Entwicklung der Technik geschuldet. Welche Gründe sprechen dagegen? Auch findet man auf immer mehr Booten Solarlampen, die nachts leuchten. Sie haben keine hohe Leuchtkraft, werden aber von immer mehr Bootseignern aus Sicherheitsgründen an Bord belassen, weil zunehmend Außenbordmotoren gestohlen werden. Einen störenden Einfluss auf die Flora und Fauna dadurch kann man nicht feststellen.
Ebenso unverständlich ist Ihre Forderung, dass keine Boote während der Wintermonate an der Steganlage verbleiben dürfen. Welche Gründe gibt es dafür? ln den letzten Jahren hatten wir nur wenige Wochen Frost und manche Boote können mehrere Jahre Wasser verbleiben ohne Inspektionsbedarf des Unterwasserbereiches. Warum sollte man diese Sportboote per Dekret an Land stellen müssen? Auch in den Monaten November bis März kann man mit vielen Sportbooten durchaus noch fahren wenn keine Eisdecke vorherrscht.
Völlig absurd ist die Forderung, dass man auf Booten am Steg nicht übernachten darf. Viele Wassersportler nutzen besonders in der warmen Jahreszeit einige Wochenenden am Wasser und übernachten auf ihren Booten vor Anker oder im Hafen, letzteres insbesondere dann, wenn mit schlechtem Wetter zu rechnen ist und man dann lieber nachts im geschützten Hafen liegt. Beim besten Willen kann ich nicht verstehen, warum Bootseigner nicht gelegentlich auf ihren Booten übernachten dürfen, wenn diese im Hafen liegen. Daraus ergibt jedoch keinerlei zusätzliche Belastung für die Natur oder Mitmenschen.
Ich bitte Sie um eine Beantwortung der Fragen in meinem Schreiben. Zugleich möchte ich anregen, dass Sie Ihre Bemühungen auf die Unsitte lenken, laute Musik mit weit hallenden Bässen auf Fahrgastschiffen und Sportbooten erklingen zu lassen. Davon geht wirklich eine beträchtliche Ruhestörung aus, die unterbunden werden sollte.
In Erwartung Ihrer Antwort verbleibe ich mit freundlichem Gruß
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Mehr dazu:
http://www.zeutheneryachtclub.de/
http://www.yacht.de/aktuell/panorama/segelsport-in-der-hauptstadt-bedroht/a110687.html
Das ist keine gute Nachricht. Man sollte das Bezirksamt mit solchen Anfragen fluten, um die Entscheidung zu ändern. LG Marlies
Wen geht es etwas an, wenn jemand auf seinem Boot am Steg übernachtet? Die Bedingungen sind völlig unverständlich.
Wieder ein wunderbares Beispiel, wie die Verwaltung ihre Aufgabe begreift. Offensichtlich versteht sich die Verwaltung nicht als Interessewahrer und Dienstleister der Bürger (dafür werden schließlich Verwaltungsgebühren erhoben) sondern sieht ihre Hauptaufgabe darin, die Bürger ( von denen sie schließlich über Steuergelder finanziert und am Leben gehalten wird) zu gängeln, zu maßregeln und zu knechten. Ich frage mich wirklich, welch Geistes Kind diese Damen und Herren sind, die offensichtlich mit ihrer Zeit nichts besseres anzufangen wissen als sich zu überlegen, wie sie das Leben der Bürger erschweren oder gar einschränken können. Interessant wäre in diesem Zusammenhang zu klären, inwieweit die Verwaltung in das Grundrecht der freien Verfügung über das Eigentum (nichts anderes sind Bootsliegeplätze) eingreift. Zum Glück gibt es, wenn auch langwierig, den Rechtsweg bis hin zum BVerfG.
Das ist leider wieder einer dieser Verwaltungsangestellten, der seine persönliche Meinung von sich gibt, ohne nur irgendeine Information über Wassersport zu haben. Das ist doch eine dermaßen weltfremde Einstellung – mir fehlen dazu nur die Worte!! Kein Strom an Stegen, nicht übernachten,was für ein Blödsinn!!!
Pressemitteilung des Berliner Verwaltungsgerichtes vom 14.07.2016
An Sportbootsstegen dürfen mobile Hausboote nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin nicht generell verboten werden.
Die Klägerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft in Berlin-Kladow. Sie betreibt an der Havel eine Gemeinschaftssteganlage. Hierfür war sie im Besitz einer befristeten wasserbehördlichen Genehmigung, welche das Bezirksamt-Spandau von Berlin Anfang 2014 u.a. mit der Maßgabe verlängerte, dass Hausboote dort nicht liegen dürften. Dabei berief sich die Behörde auf eine mit dem Anlegen von Hausbooten einhergehende Verschandelung des Landschaftsbildes.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte zum Teil Erfolg. Die 10. Kammer des Verwaltungsgerichts verpflichtete die Behörde, über den Antrag auf Erteilung einer wasserbehördlichen Genehmigung erneut zu entscheiden. Dabei dürfe sie nicht von einer generellen Unzulässigkeit von Hausbooten ausgehen. Denn ein mobiles Hausboot beeinträchtige das Landschaftsbild nicht mehr als ein Motorboot gleichen Ausmaßes. Solche Hausboote seien nach der einschlägigen EU-Richtlinie 2013/53/EU ebenfalls Sportboote. Die von der Behörde vorgenommene Differenzierung zwischen Hausbooten und anderen Sportbooten sei nicht tragfähig. Denn hierzu zählten auch größere Motorboote mit Kajüte, die ebenfalls zum Wohnen und Übernachten geeignet seien und nur marginal der Ausübung des Wassersports dienten. Die Beeinträchtigung ästhetischer Belange hänge daher wesentlich von der Größe des Schiffes und nicht vom Bootstyp ab. Allerdings sei es der Behörde im Rahmen der erneuten Prüfung des Antrags unbenommen, eine stationäre Nutzung von Booten zu Wohnzwecken an der Steganlage und auch das Übernachten auf am Steg angelegten Booten zu unterbinden.
Gegen das Urteil ist der Antrag auf Zulassung der Berufung an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg möglich.
Urteil der 10. Kammer vom 28. Juni 2016 (VG 10 K 336.15)
Leider bleibt das Bezirksamt die konkrete Antwort schuldig, warum nicht mehr am Liegeplatz übernachtet werden darf – wie das überall an Havel, Spree und Dahme erlaubt ist. Wie wird das Gemeinwohl konkret beeinträchtigt?
Wenn der Argumentation des Bezirksamts folgt, ergeben sich die weiteren Fragen:
Wird Übernachten auf geankerten Booten auch verboten?
Müssen jetzt alle “Gelbe-Wellen-Schilder” in Spandau abmontiert werden?
Dürfen durchreisende Wassertouristen nicht mehr in Spandau übernachten und müssen nach Berlin (Bootsparkplätze für 24 h im Stadtgebiet) oder nach Kladow ausweichen?
Müssen künftig Kajütbootbesitzer ihre Motoren stundenlang im Leerlauf betätigen, damit die Batterien aufgeladen werden?
Wird allen “Nicht-Jollen”- Besitzern die Möglichkeit verwehrt, über einen Schlauch am Steg den Trinkwassertank zu befüllen?
Wenn Stege nicht mehr beleuchtet werden dürfen – steigt nicht die Gefahr von Kollisionen in der Dunkelheit?
Ungereimtheiten über Ungereimtheiten. Ein bißchen mehr Sachverstand von Seiten des Bezirksamt wäre schön gewesen.
Detlef aus Berlin – Meine Frau und ich, wir sind Fahrtensegler.
Wir haben mit unserer Segelyacht, knapp unter 10m Länge sämtliche Ostseeländer bereist. Auch Norwegen über die Nordsee. Für unseren Törn, rund Ostsee bis Helsinki gab es einen Fahrtenseglerpreis “See”. Das hätten wir wohl kaum mit einer offenen Jolle gemacht. Was soll dieser völlig unnütze bürokratische Schwachsinn überhaupt? Wehret den Anfängen.
Für mich stellt sich die Frage, wer dort als direkter Nachbar ein Interresse daran hat, den Wassesport zu verbieten. Wenn ich den Namen der Straße bei Google eingebe, kann ich anhand der Hausnummern den potentiellen Verursacher der Maßnahme eingrenzen.
Zu prüfen wäre, in welcher kausalen Abhängigkeit das Amt durch eine Spende, oder Herr Pipper direkt beeinflußt wurden. Vereine, die Kinder und Jugendliche mit dem Wassersport vertraut machen, viele Ehrenamt Stunden leisten, sollten eine bessere Lobby haben, als ein reicher alter Geldsack den 3 Birnen (LED ) wegen dem Schutz der Umwelt Nachts am Steg stören. Als letztes ist zu prüfen, ob Immobilien Haie ihre Finger nicht in ihrer übel riechenden Hose lassen konnten und dort ein lukratives Spekulations-Objekt wittern. Es gibt viele mögliche Ursachen. Ein ernstes Wort ist mit dem Bürgeramt zu führen! Die Heizung und den Arbeitsplatz finanziert der Steuerzahler und nicht Herr Pipper selbst. Schade um den Sport und schade für die Jugendlichen, die nun wieder vor dem Computer im Kinderzimmer hocken sollen.
Die Sache ich unschön, doch die Jugendarbeit wird unter solchen Maßnahmen nicht leiden. Früher gab es ja auch keine LED und Stromanschlüsse an den Stegen. Außderdem schlafen die Kids nicht in den Optimisten am Steg. Somit sollte man in die Diskussion treffendere Argumente einbringen.
Hat auf “Unsere Anfrage dazu an das Bezirksamt Spandau” vom 1. Dezember 2016 denn Herr Pipper oder jemand anders bis heute nicht geantwortet…?