Traditionelle Instrumente
Wer ein gepflegtes älteres Boot aus der Hand eines alt gewordenen Rentnerpaars kauft, wird nicht selten mit maritimen Zugaben beglückt, die nicht jeder haben möchten. Diverse metereologische Instrumente in silbernen oder messingfarbenen Metallgehäusen mit Glasabdeckung dienen zum Anzeigen der Luftfeuchtigkeit, des Luftdrucks und der Temperatur. Von ihnen will der Skipper einerseits Daten für Wetterprognosen erhalten und zugleich durch ihr Design seinen maritimen Sinn kund tun. Die Doppelfunktion dieser Accessoires als Meßinstrument mit fragwürdigem Wert und als dekorative Innenausstattung in einem Stil, der zu Zinntellern und einem Brett mit Seemannsknoten paßt, mag nicht mehr jeden jüngeren Bootseigener zu erfreuen.
Die Vorbesitzer unseres Bootes überließen uns ein Barometer, das schon lange nicht mehr geeicht war, eine Uhr, die meistens nicht ging, und ein Hygrometer, welches 100% Luftfeuchtigkeit anzeigte. Sie waren außer Sicht des Rudergängers vorne in der Kabine des relativ kleinen Bootes angebracht worden. Vermutlich dienten sie mehr zur Zierde als zum Gebrauch. Die messingfarbene Beschichtung der Blechhüllen hatte stellenweise Aufwerfungen. Es waren keine massiven Messinggehäuse. Somit gab es Gründe genug, sich von dem plagiativen Plunder zu trennen. Dazu äußerte sich mein Bekanntenkreis widersprüchlich. Die Spannbreite reichte von “Schmeiß den Schei.. bloß raus.” bis zu “Die sind so schön. Laß die doch hängen.”. Erfolglos versuchte ich das Hygrometer und die Uhr zu verschenken. Sogar ihre Fürsprecher winkten ab.
Das olle Barometer lag derweil bei mir im Flur auf dem Schuhschrank. Dort wurde es von dem zweiten Besatzungsmitglied entdeckt. Sie hatte bisher wenig Interesse an der technischen Ausrüstung des Bootes gezeigt, aber gerade im Theoriekurs zum Sportbootführerschein Binnen das Thema Wetter abgehandelt. Daher erlangte das alte Barometer ihre Aufmerksamkeit und die unter der Skala stehenden Wörter ‘Regen’, ‘Veränderlich’ und ‘Schön’ bekamen einen hohen Wahrheitsgehalt, der nicht in Zweifel zu ziehen war. Dieses Barometer zeigte nicht nur den Luftdruck an sondern konnte präzise das Wetter vorhersagen, hieß es. Von nun an wurde stündlich leicht auf das Glas geklopft, um die Bewegung des Zeigers zu unterstützen. An allen Orten in der Wohnung war es zeitweilig zu finden. An eine Entsorgung war nicht mehr zu denken.
Der Kauf eines neuen Kombiinstruments im traditionellen Stile zur Anzeige von Zeit- und Wetterdaten fiel aufgrund der horrenden Preise für die wirklich schönen Geräte aus. Zudem gehören sie auf größere Boote, wo sie einen angemessenen Rahmen vorfinden. Lediglich eine Wetterstation von Barigo mit Edelstahlgehäuse für 175 € wäre in Frage gekommen.
Satellitengestütze Wettervorhersage
Eher zufällig entdeckte ich in der Elektronikabteilung von Karstadt die Wetterstationen. Auf einigen Verpackungen befand sich ein roter Banner mit der Aufschrift ‘Weltneuheit’. Diese Wetterstationen hatten keine Sensoren, die draußen lagen und drahtlos Meßwerte einspeisten, um daraus fragwürdigen Vorhersagen zu entwickeln, sondern erhielten per Satellit aktuelle Wettervorhersagen. Schöne Sache, aber da lagen viele verschiedene Versionen mit unterschiedlichem Funktionsumfang herum. Beim Lesen der Spezifikationen wurden die Meßwerte und Prognosen zum Pollenflug und lokalen Sturmwarnungen interessant. Preislich bewegten sich die satellitengestützen Geräte zwischen 50 bis 100 €. Ihr Design war grauenhaft, ein breiter Kunstoffrand um ein graues Display, auf dem schwarz die Angaben zu sehen waren. Doch ihr Funktionsumfang ist im Vergleich zu den früheren Instrumenten beachtlich.
Smartphone, iPad, Notebook ….
Ihr größter Konkurrent ist die moderne internetgestützte Technik. Wer ein iPad oder Smarthone besitzt, wird sich mit einem archaisch wirkenden Uhrzeit- und Wetterinstrument nicht mehr abgeben wollen. Die entsprechenden Apps für maritime Zwecke sind hervorragend und ein iPad kostet nicht mehr als ein herkömmliches Barometer im massiven Messinggehäuse. Auf den hochauflösenden Displays dieser Geräte werden die entsprechenden Anwendungen zum Wetter in Bewegung und Farbe dargestellt. Der Funktionsumfang ist überwältigend. Sehr gut aufgearbeitete Daten aus hochprofessionellen Quellen werden ansprechend präsentiert. Per Internet sind präzise lokale Prognosen für die nächsten Stunden abrufbar, die sich qualitativ deutlich von den regionalen längerfristigen Vorhersagen abheben. Zudem gibt es zahlreiche Apps für die Navigation und dem Tracking der eigenen Bewegegung nicht nur zu Wasser, sondern auch zu Lande und in der Luft. Wer die Hardware und eine gute Internetverbindung hat, wird auf zusätzliche Technik verzichten.
Die Qual der Wahl
Die Sportbootfahrerei ist Luxus und hier gelten völlig andere Regeln als in der Berufsschifffahrt. Wer sich ein Boot zur Freizeitgestaltung zulegt, muss die Funktionalität nicht in den Vordergrund stellen. Eventuell schätzt jemand das maritime Ambiente auf seinem 11-Meter Boot in der Marina. Mit Freunden sitzt man im ‘Salon’, wo ein schmuckes traditionelles Barometer auf der Teakholzvertäfelung einen wichtigen Beitrag zur gewollten Atmosphäre leistet. Andere leben längst in einer Symbiose mit ihrem Smartphone und konsultieren es für jede Entscheidung und andere hätten gerne die Satellitenunterstützung ohne Internetgebühren. Der Markt kann sie alle bedienen.
Sehr treffend beschrieben. Wir haben alles von Alt bis Neu an Bord, aber ich nutze nur mein iPhone. Wenn möglich, halte ich die alten Pseudomessingdinger auf dem blinden Fleck. Das gelingt mir fast automatisch. Meine Frau findet sie schön.