Die ersten Boote sind raus. In den kommenden zwei Wochen werden die Stege verwaisen. Die Sportboote werden nach einer zu kurzen Saison in ihre Winterlager verbracht. Heute fuhr ich zum Boot, um die Einwinterung vorzubereiten. Auf dem Weg gab es einen Stopp bei ALDI, um 4 Flaschen Wodka zu kaufen, der in das Trinkwassersystem als Frostschutz gekippt wird, um Eisbildung zu vermeiden. Ein anderer Bootsbesitzer kommentierte dies: “Ah, für dein Boot? Fahre nächstes Jahr nach Polen und hole dir dort den Hochprozentigen! Der ist billiger und kann mehr Minusgrade ab. ” Polen ist nicht weit weg von Berlin. Das merke ich mir.
Auf dem Gelände gab es die Gelegenheit, die Vorbereitung des Motors für den Winter zu besprechen. In meinem Boot, einem alten Verdränger, arbeitete ein Yanmar 2GM mit 15 PS Leistung. Ein Schlauch zwischen einem Ventil in der Bootshülle und dem Wasserfilter beim Motor sowie dem nachfolgenden Wasserweg nebst Pumpe bis hin zum Kühlwasseraustritt darf wegen des Frostes kein reines Wasser enthalten. Bei Eisbildung waren Schäden vorprogrammiert.
Daher muss Kühlerfrostschutz aus dem Autozubehör hinein. Ich mache das zum ersten Mal und habe allerlei Ratschläge eingeholt. Die einen machen den Motor im Wasser winterfest und die anderen, wenn das Boot an Land ist. Für das Wasser spricht ein bedeutendes Argument. Der Motor muss warm sein und Kühlwasser fordern, um den Vorgang richtig zu machen. Daher fahren die alten Hasen eine halbe Stunde mit dem Boot herum, bringen es zum Schluss nochmal ordentlich auf Touren, legen an und stellen den Motor kurz ab. Dann schließen sie das Seeventil und öffnen den Wasserfilter. In einer bereitstehenden Gießkanne befindet sich ein Gemisch aus Frostschutz und Wasser. Am besten 1:1, wurde mir gesagt. Das würde selbst bei tiefem Frost reichen. Der Motor wird wieder gestartet und nun gißt man die Flüssigkeit langsam mit der Gießkanne in die Öffnung des Filters. Das Zeug läuft ein und verdrängt dabei das vorhandene Wasser, bzw. mischt sich mit Teilen, die nicht sofort ausgespült werden. Am Kühlwasseraustritt ist zu sehen, wann das Frostschutzmittel kommt. Aus Umweltschutzgründen sollte das Kühlwasser während dieser Prozedur in einem Eimer aufgefangen werden. Die anderen machen das Land. Allerdings ist der Motor dann nicht warmgelaufen und das Boot kommt auf dem Trailer oder den Lagerböcken zum schwingen.
Dieser Vorgang stand erst in ein paar Tagen an. Heute ging es um anderes. Das schmuddelige, auf dem Trailer liegende und kaum benutzte Schlauchboot war zu reinigen, die Luft abzulassen, der Holzboden herauszunehmen und alles im Wagen zu verstauen. Dann wurde der Trailer mit dem Hafenmeister gecheckt. Alles okay!
An Bord wurden alle Polster und Klamotten gesammelt und zum Auto gebracht, das sich schnell füllte. Zwei blaue Ikea-Beutel mit weiteren Sachen wie Taue, Getränke und Dosen mit Lacken, Reinigungsmitteln und Epoxidharz kamen hinzu. Eine Tüte Müll wurde entsorgt und warf die Frage nach seiner Herkunft auf dem kleinen Boot auf. Dann wurde der Reservekanister mit Diesel von Bord genommen und zum Auto geschleppt. Zum Schluss wurde das Boot mit dem vom Hafenmeister geborgten Staubsauger gereinigt. Danach sah es seltsam aufgeräumt aus. Nur die Wodkaflaschen und der Frostschutzmittelkanister passten nicht ganz ins Bild.
Der Nachmittag war während dieser Arbeiten schnell verflogen. Der Wind wehte und trieb herbstbraunes Laub vorbei. Noch waren die meisten Bäume grün, aber das Braun kam durch. Auf dem Pohlesee fuhren Ruderboote, Kajaks und Kanus vorbei. Die rudernden und paddelnden Leute genossen ihre Fahrten ohne Gedanken an das Einwintern ihrer Boote, denn da gab es nichts tun. Sie würden wie im Sommer auf den Gestellen in den Schuppen liegen und bei ausbleibendem Frost und kalten Winden weiter benutzt werden.
Gegen 16 Uhr stand die Sonne schon zu tief, um nach getaner Arbeit nochmal rauszufahren. Außerdem war das Auto zuhause wieder leerzuräumen. Das konnte sich hinziehen. Als ich wegfuhr, war das Boot noch startklar, aber vieler Accessoires beraubt, welche die kommenden Monate im Keller lagern würden. Der Holzmast mit dem Anker- und Topplicht stand noch. Das Verdeck würde erst an Land unmittelbar vor dem Aufziehen der Winterplane runterkommen. Der Motor war noch betriebsbereit. Eine oder maximal zwei Fahrten standen noch aus. Nach der letzten würde das Frostschutzmittel eingefüllt und die Batterien ausgebaut werden. In der kommenden Woche sollte das Boot aus dem Wasser kommen. Dann würde die diesjährige Bootssaison zuende sein. Schade!
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Nachtrag: Zuhause mit dem vollen Auto stellte sich die Frage, wohin mit dem Zeug. Immerhin würde noch einiges folgen. Die Poster wurde in einen Bettbezug eingeschlagen und auf den Hängeboden gelegt. Das passte gerade so. Aber der Rest? Der Keller, bislang ein unübersichtlicher Raum mit jahrelang willkürlich abgestellten Gegenständen schien so nicht der rechte Ort zu sein, um eine Persenning stockfleckenfrei über den Winter zu bekommen und das Schlauchboot vernünftig zu lagern. Hier standen die Fahrräder neben vielen Dingen, die vor allem ihrer Entsorgung harrten. Die schaurige Höhle in einer Berliner Mietskaserne, in der noch einige Parteien mit Öfen heizen, war für eine gründliche Entrümpelung und einer Austattung mit Regalen fällig. Das war zuletzt vor sehr vielen Jahren passiert. Sicherlich hatte sich nicht mal der Vormieter daran gewagt, den Raum zu fegen. Spinnweben an den Decken, Kohlestaub auf dem Boden, herabgerieselter Mörtel unterhalb der Wände. Tja, nun wurde es Zeit. Die Bootsausrüstung nebst der beiden Klappräder brauchte einen vernünftigen Platz. 40 Eimer mit Schutt und bröseligen Dingen, Spuren der langen Geschichte eines Hauses, wurden zusammengefegt. Was für eine Sauerei! Der Spuk dauerte drei Tage und ging nicht ohne Fluchen vonstatten. Dann waren die Regale aufgebaut, vieles entsorgt und vieles übersichtlich verstaut. Mit einem Industriestaubsauger hätte man den Prozess gründlich beenden können. Er kam auf meine innere Wunschliste. Auf dem Flohmarkt oder in den Internetkleinanzeigen sollte so ein Teil für den Keller zu bekommen sein. Der ganze Aufwand für ein Boot! Die Bedeutung Wassersport im Zusammenhang mit einem Motorboot wurde deutlich. Der Sport fand nicht beim Fahren mit dem Boot statt, sondern in den ‘Nebentätigkeiten’, die damit verbunden waren.