Auf der Havel und ihren Seen in Berlin und Brandenburg fällt immer häufiger ein ungewöhnlicher Bootstyp auf. Er ist zwischen 6 bis 9 Meter lang und wirkt inmitten der anderen hier fahrenden Boote unfertig. Die Kajüte fehlt. Das Fahrzeug erinnert an ein offenes Rettungsboot von alten Passagierschiffen und könnte ohne weiteres als solches eingesetzt werden. Die Helgoländer würde damit Gäste von den Fahrgastschiffen abholen. Aber wie kommt es in den Sportbootbereich?
Wir haben es mit der holländischen Sloep zu tun. Das spricht man nicht wie ‘Slöp’ aus sondern wie ‘Slup’.
Dieses Modell hat im vorderen Bereich eine gedrungene Kabine, die auf vielen Sloeps häufig gar nicht vorhanden ist.
Der Bootsführer steht am Steuerrad. Sitzend wäre der gebotene Überblick und somit die Sicherheit beim Fahren stark eingeschränkt.
Die Annahme, dass es sich bei diesem Bootstyp um einen aufgemotzen Angelkahn für rauhes Wasser handelt, kommt beim Betrachten der Preise ins Wanken. Eine Sloep kostet soviel wie ein mittelklassiger PKW und kann je nach Ausstattung noch weit darüber liegen.
Antaris RB22 mit 28PS Vetus Diesel, Baujahr 2007 – 6,6 Meter lang, Ausführung: Komplett. Preis: 36.950 €. Für ein offenes Boot mit sichtversperrendem Verdeck und unbequemer Steuerposition ist das happig. Wir besuchten mal die Website des Herstellers.
Die im aktuellen Programm vertretene Antaris 570 Spitsgat ist 5,90m lang, 2,30m breit und hat ,050m Tiefgang, wiegt 1100kg und hat standarmäßig einen 13 PS Diesel von Vetus. Die Standardausführung mit dem kleinen 13 PS-Motor kostet 31.500 € und mit 28 PS 35.400 €.
Zubehör: Navigationslichter – 395 €, elektrische Lenzpumpe – 475 €, Teakholz und Tauausstattung – knapp 6000 €, Cabrioverdeck 1090 €, chemische Toilette in der vorderen Bank eingebaut mit Tür aus Teakholz – 745 €, Kühlschrank – 1050 €, hydraulische Lenkreinrichtung 1100 €, Radio / mp3 Abspielgerät mit 4 Lautsprechern 1195 € …
Die Antaris 630 Lounge, die der oben abgebildeten RB22 nahe kommt, wird in der Mindestausstattung für 35.900 € geliefert. Da kommt noch einiges dazu, wenn das Boot gut ausgerüstet sein soll. 40.000 € sind insgesamt einzuplanen.
Vermutlich wird dieser Bootstyp aufgrund seines Preises und seines Konzepts im Revier Berlin-Brandenburg ein Nischendasein fristen. Das Preis-/Leistungsverhältnis von anderen Booten ist interessanter.
Diese Sloep fährt in den kleinen Wannsee von Berlin ein. Der Skipper steht am Steuerrad. Beim Sitzen würde man wegen des Cabrioverdecks nur sehr eingeschränkt durch die PVC-Scheiben des Verdecks sehen können. Daher fährt man stehend. Das mache ich manchmal streckenweise und beim Manöver im Hafen gerne, aber bei längeren Fahrten ist das Sitzen entspannender. Das Fahren mit der Sloep wirkt wie das Steuern einer Dienstbarkasse bei der Arbeit. Zumindest kann der Skipper nicht wirklich gemütlich dahintuckern. Die Sloep ist offenbar für die Benutzung durch Gruppen konzipiert worden. Zusammen gemütlich ein paar Stunden losfahren, darum scheint es zu gehen. Fragt sich nur, wie die Gäste an Bord mit der offenherzigen Situation beim Pipimachen umgehen. Es ist sicherlich nicht jedermanns Sache, vor anderen in den Eimer zu pullern.
Auf holländischen Grachten mit tiefen Brücken ist so eine Sloep sicherlich gut. Einen hohen Marktanteil in Berlin kann ich bei den Preisen nicht sehen. Es gibt doch so viele andere offene Boote, die erheblich günstiger sind.
Was am Boot an Aufbauten fehlt, wird durch die unverhältnismäßig großen National-Flaggen wettgemacht.
Nette offene Boote, aber in der Tat sehr teuer. Die großen Flaggen achtern finde ich albern. Das sind doch keine Boote, mit denen man den Admiral vom Flaggschiff zur Pier rudert.