Auf dem Weg nach Linum plauderten wir über den Kapitän der Atlantis, ein mit Solarstrom betriebenes Holzboot, mit dem Fahrgäste den Amtmannkanal rauf- und runtergeschippert werden.
Er befindet sich neben einem Teich und mündet in dem Flüsschen Alter Rhin. Der Kanal ist so schmal, dass Google Maps ihn nicht kennt. Die Fahrt mit der Atlantis verläuft langsam. Mit Gegenverkehr und nennenswertem Wellengang ist auf dem nur wenige Meter breitem Gewässer kaum zu rechnen. Der Schiffsführer erklärt seinen Gästen die Besonderheiten der Landschaft. Die meisten kommen wegen der Störche und der Zugvögel. Von April bis August sind Störche zu Gast. Im Herbst versammeln sich zahllose Gänse und Kraniche, die gut an den Linumer Teichen und in den dahinterliegenden Wiesen zu beobachten sind. Bei einer Fahrt auf der Atlantis zeigte uns der Kapitän unser erstes Beutelmeisennest, von dessen Existenz wir bis dahin nichts ahnten.
Unser Gespräch befaßte sich mit der Überlegung, ob man als Schiffer mit Fahrgästen auf diesem schmalen Wasserstreifen eine Genehmigung benötigte und die Ausstattung des Bootes mit Rettungsmitteln erforderlich sei. Wir konnten uns keine realistische Situation einer Gefahr für die Bootsinsassen durch einen Wassereinbruch oder etwaiges Kentern oder durch einen Schwächeanfall des Schiffsführers vorstellen, die nicht innerhalb von wenigen Sekunden durch das Ansteuern des maximal 5 Meter entfernten Ufers zu entschärfen wäre. Der langsam laufende Elektromotor würde das Boot an Ort und Stelle halten oder durch Kraut, das sich im Uferbereich um die Welle wickelt, gestoppt werden.
In Linum begegneten wir dem Amtmannschiffer Ingo Warmt neben seiner Atlantis. Er hatte sich ein weiteres Boot zugelegt, einen Spreewaldkahn aus Aluminium, der ebenfalls elektrisch angetrieben wurde. Der Kahn war lang genug, um quer im Kanal liegend eine Brücke von Ufer zu Ufer zu bilden. Unter den Sitzbänken sahen wir Schwimmwesten. Auf den Tischchen standen kleine Körbe mit Schnapsfläschchen. Der Schnaps war zur Belebung des meist älteren Publikums gedacht. Aber wozu brauchte er die Schwimmwesten?
Wir fragten ihn danach. Er lachte und meinte, dass der Amtsschimmel hier munter wiehere. Rettungsmittel seien vorgeschrieben. Zur Abnahme des Kahns als Transportmittel für Passagiere hatte es drei Termine bei ihm gegeben. Da der Kahn eindeutig vom Typ Spreewaldkahn war, musste Ingo Warmt eine besondere Prüfung ablegen. Auf dem Kahn wurden Holzbohlen, die insgesamt soviel wogen wie eine volle Fahrgastbeladung, gelegt. Dann hatte er ihn zu staaken. Bei dem Vorgang steht der Kahnführer achtern und drückt den Kahn mit dem sogenannten Rudel, einer langen Stange, vorwärts. Dafür muss das Wasser flach sein und der Grund fest, damit man ihn erreicht und sich davon abstoßen kann. Der Grund des Amtmannkanals besteht jedoch aus weichem Schlick, in dem die Stange versinkt. Ingo Warmt hatte auch nicht vor seinen Kahn zu staaken, sondern ihn mit einem leisen ruhigen Elektromotor zu bewegen. Darauf hatte er die behördlichen Gutachter hingewiesen, die dennoch auf einer Staakprobe bestanden. Vor Ort sahen sie ein, dass der Amtmannkanal kein Spreewälder Fließ mit festem Boden war und beendeten die seltsame Prüfung.
Wer den Ort kennt, mag annehmen, dass die mehrfache behördliche Abnahme des Kahns eher Gründe waren, das Amtsbüro zu verlassen, um im neben der Anlegestelle der Atlantis gelegenen Biergarten des Gasthauses ‘Zur Fischerhütte’ eine entspannte Pause mit Blick auf das Wasser und den Schilfgürtel zu machen.